Die Organisation der NSDAP in Stadt und Kreis Wittlich im Jahr 1937

Die NSDAP (Nationalsozialistische Arbeiter Partei) wurde in den 20 'iger Jahren gegründet. Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers wurde sie systematisch bis auf die unterste Ortsebene hierachisch aufgebaut. Das Wittlicher Adressbuch zeigt, dass viele gesellschaftlichen Gruppierungen von ihr durchdrungen wurden.

Kategorie: NSDAP

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Der Sitz der NSDAP-Kreisleitung war im Haus Ronde in der Kahrstraße. Erster Kreisleiter für Wittlich war der Winzer Fritz Loosen aus Ürzig, der 1938 abgelöst wurde von Walther Kölle, als die Kreise Daun und Wittlich zum so genannten „Großkreis Wittlich-Daun“ zusammengelegt wurden. Kölle wurde während des Krieges zeitweise vertreten von einem so genannten „M-Kreisleiter“ – das war Jakob Brandenburger, der im März 1944 nach NSDAP Leitung Haus Ronde 500Koblenz versetzt wurde. In der Hierarchie der NSDAP-Organisation war die Kreisleitung die unterste hauptamtlich geleitete „Hoheitsdienststelle“ der Partei. Der Kreisleiter war verantwortlich „für die gesamte politische, kulturelle und wirtschaftliche Gestaltung aller Lebensäußerungen nach nationalsozialistischen Grundsätzen“ (Organisationshandbuch der NSDAP 1938, S. 130. Hrsg. von dem Reichsorganisationsleiter der NSDAP). Der Kreisleiter wurde auf Vorschlag des Gauleiters vom „Führer“ ernannt.

Dem Kreisleiter unterstanden 18 Fach-Abteilungen, die von ehrenamtlich tätigen Parteigenossen verwaltet wurden. Dabei wurde darauf geachtet, dass diese Männer aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit eine gewisse Fachkompetenz mitbrachten.

Im Jahr 1937 gab es in 40 Orten des Kreises 40 NSDAP-Ortsgruppen, die jeweils von einem Ortsgruppenleiter geführt wurden. Die Dienststelle der Wittlicher NSDAP-Ortsgruppe befand sich im „Alten Rathaus“, da ab Februar 1934 eine Personalunion bestand: Dr. Hürter war Stadtbürgermeister und NSDAP-Ortsgruppenleiter. Auf Dr. Hürter folgten noch weitere Ortsgruppenleiter (Rektor Engels und Finanzamtschef Döring), als Dr. Hürter im Sommer 1943 zum Wehrdienst eingezogen wurde. Die Wittlicher Ortsgruppe bestand mindestens seit dem 1. Juli 1930 und umfasste damals 77 Mitglieder. Ende Dezember 1942 gehörten 975 Männer und Frauen der Stadt der NSDAP an; hinzu kamen 104 „Parteianwärter“.
Die NSDAP-Ortsgruppe gliederte sich in „Hausgruppe“ (bis 15 Haushaltungen), „Block“ (4-6 Hausgruppen) und „Zelle“ (bis 8 Blocks). Der Ortsgruppenleiter wurde vom Kreisleiter ernannt und war als „Hoheitsträger zuständig für alle Willensäußerungen der Partei sowie die politische und weltanschauliche Führung und Ausrichtung des ihm unterstellten Hoheitsbereichs“ (Organisationshandbuch, S. 120). Besondere Aufgaben waren „Führernachwuchs“, „Mitarbeiterüberwachung“ und „regelmäßige Führerbesprechungen“.
Eng angebunden an die Kreisleitung waren die NS-Sonderorganisationen wie Deutsche Arbeitsfront (DAF), SA, SS u. a. – für Stadt und Kreis waren das 21, die von so genannten „Kreiswaltern“ geführt wurden.

Zugriff auf alle Lebensbereiche

Diese Organisationsstruktur belegt, in welchem Maße eine Kleinstadt wie Wittlich und ein Kreis in einer ländlichen Region im Sinne der NSDAP (nicht erst seit 1937) „durchorganisiert“ bzw. „erfasst“ war. In einem Regime, in dem „Partei und Staat eins“ waren (Gesetz vom 1.12.1933), war dies für jeden „Volksgenossen“ bedeutsam. Damit sicherte sich die NSDAP einen umfassenden Zugriff auf praktisch alle Lebensbereiche der Menschen. Das wiederum war für das NS-Regime die Grundvoraussetzung für ein zentrales Ziel, nämlich die „Bildung einer Volksgemeinschaft“.

Wichtig ist hier aber, dass diese „Volksgemeinschaft“ sowohl im Sinne einer Inklusion als auch einer Exklusion wirkte: Wer als „arischer“ Deutscher im „Dritten Reich“ lebte, durfte mit vielfachen Versorgungsleistungen z.B. durch die NS-Volkswohlfahrt (NSV) oder das jährlich stattfindende „Winterhilfswerk“ (WHW) rechnen – selbst für die Freizeit war gesorgt durch die Unterorganisation der DAF, die Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF).
Wer jedoch als „Fremdrassiger“, „Gemeinschaftsfremder“ oder „Volksschädling“ galt, hatte keinen Platz in dieser rassisch begründeten „Volksgemeinschaft“ und sah sich Schikanen und Verfolgung ausgesetzt. Das war die exkludierende Seite der „Volksgemeinschaft“. Selbst für politisch angepasste „arische“ Deutsche konnte die so genannte „Politische Beurteilung“ durch den Ortsgruppenleiter mit sehr negativen Folgen verbunden sein.

Autor

Franz-Josef Schmit 

Hinweise

Die beiden reproduzierten Seiten stammen aus dem „Einwohnerbuch für die Stadt Wittlich“ (Ausgabe 1937), gedruckt in Hösel bei Düsseldorf vom dort ansässigen Adreßbuch-Verlag Berkenkopf.

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